INDOLEROnews 06/2022 - Big in Japan! (1)

Guten Tag, liebe Freunde des außergewöhnlichen Tees!

 

Ganz spontan haben wir letztens beschlossen,
dass unsere Grüntee-Vorräte mal wieder
ein bisserl frisches Blut vertragen könnten
und unsere altbewährten Ausreden wie
„Kein Platz mehr!“ oder
„Ohnehin schon breitgefächertes Sortiment“ und
„Kickt mich grad irgendwie keiner…“
mit der Zeit etwas ausgelutscht klingen.

Na gut, das Platzproblem an sich
ist ein durchaus reales
aber ehrlicherweise noch kein absolutes.
Sprich: Platz ist in der kleinsten Hütte.
Und so mussten wir uns eingestehen,
dass sehr wohl mit ein bisschen gutem Willen
noch Platz für eine(!) neue Sorte da wäre.
Nämlich exakt im Bereich der Japanischen Grüntees.

Und tatsächlich gab es in den letzten Jahren
immer wieder Kundenanfragen bezüglich eines
exklusiven Japan-Senchas
„Einen a bisserl besseren Sencha
tät ich gern mal probieren!“,
der sich aber gerne preislich noch ein Euzerl
vom Gyokuro unterscheiden darf
(selbstverständlich nach unten hin, nicht nach oben!).

Bei solchen Gelegenheiten fiel auch gerne
der Name ‚Tamaryokucha‘.
Also haben wir uns ein paar Kostproben
von dieser doch recht exklusiven Sencha-Sorte
neben ein paar anderen ebenfalls
interessant klingenden Sencha-Alternativen
kommen lassen und gleich munter drauflos verkostet:

Zuerst waren die diversen Tamaryokuchas dran,
die sich vor allem durch einen durchwegs milden,
dennoch prägnanten fruchtig-süßen,
umamireichen Geschmack auszeichneten,
aber leider sehr temperaturempfindlich waren.
Das heißt, bei einer gemessenen Aufgießtemperatur
von 75°C* entwickelten unsere Tamaryokuchas
durch die Bank zwar ein schönes, volles Aroma,
aber darüber hinaus auch eine dominante Herbnote
im Abgang, die den Gesamteindruck des Geschmacks
leider deutlich dämpfte.

Beim nächsten Versuch mit 70°C heißem Wasser
war diese störende Komponente eliminiert,
aber die restliche Aromatik leider auch
etwas weniger ausgeprägt.
Hmpf!
Also ja, sie waren schon wirklich gut,
aber insgesamt leider nicht ganz zufriedenstellend.
Abgesehen davon, dass wir uns preislich auch eher
auf Gyokuro- als auf Sencha-Niveau befinden...

Und so hakten wir das Projekt 'Tamaryokucha'
vorerst mal ab und die
Spezial-Senchas bekamen ihre Chance:

Hier gingen wir strikt nach Schema F vor:
1. Optik,
2. Duft und Geschmack,
3. Preis -
nicht immer in dieser Reihenfolge.

Der erste, der in allen drei Kategorien positiv auffiel,
war ein Sencha namens ‚Miyazaki‘.
Zunächst, der Duft:
Betörend, intensiv, blumig und sehr umamireich.
Der Blick auf das trockene Teeblatt offenbart ein
perfekt verarbeitetes, satt dunkelgrünes,
gleichmäßig nadelförmiges Blattgut,
das den Kenner vermuten lässt, dass es vor der Ernte
zumindest kurz beschattet worden sein muss.

Auf Nachfrage widerspricht hier allerdings der Importeur
und erklärt das intensive Blattgrün und die ausgeprägte Aromatik
mit den besonders nährstoffreichen Böden der Insel Kyushu,
auf der diese Teespezialität gedeiht und dass Miyazaki
bereits im Spätfrühling geerntet wird,
statt wie bei Senchas oft üblich erst im Herbst.
Die geringere Sonneneinstrahlung intensiviert den Chlorophyllgehalt
des Blattes und das wiederum intensiviert Geschmack und Geruch.
So gesehen eh ähnlich wie bei einer Beschattung...

Soweit die Theorie, jetzt musste er das alles
nur noch in die Tasse bringen:
Der erste Aufguss bekam wieder
die für diese Teequalität brachialen
75°C* Wassertemperatur ab und
wurde klassisch zwei Minuten ziehen gelassen.
*) Wer sich mit japanischen Grüntees auskennt, weiß,
dass jede einzelne Sorte eine präzise Optimal-Wassertemperatur
(je höherwertiger der Tee desto niedriger die Temperatur!)
in Kombination mit einer sekundengenauen Ziehzeit verlangt,
an die sich meist nur wirkliche Tee-Enthusiasten halten wollen.
Wir testen also gerne im Vorfeld, wie die Tees nach der vereinfachten
'Daumen-mal-pi-Methode' für Grüntees (75°C, 2 min) schmecken.


Kurz: das Ergebnis war bereits jetzt beeindruckend
mit viel Blume, Süße, sanfter Frucht
und feinem Umami.
Keinerlei herbe Geschmackskomponenten stören
dieses wunderschöne Aromen-Mosaik.

Mit den tatsächlich empfohlenen 70°C
wird der Aufguss einen Tick weicher und sanfter
und als Cold-Brew** zubereitet,
erhält man ein wirklich intensives
Tee-Geschmackskonzentrat mit wunderschönem,
lang anhaltendem Charakter. Wow!

Ach, ich vergaß beinahe das dritte Kriterium,
den Preis:
Hingesehen, Stirn gerunzelt,
nochmal hingesehen, gegrinst, gekauft.
Mission accomplished.

Viel Spaß mit diesem herrlichen Sommertee
und gleichzeitig Teil 1 unseres
frühsommerlichen Japan-Schwerpunktes.
Nächstes Monat um diese Zeit folgt, aller Voraussicht nach,
Teil 2!

Alles Liebe wünscht Ihnen bis dahin
Ihre

Barbara Neumann-Schramböck

 

 

**) Cold Brews haben oft unterschiedliche Zubereitungsparameter.
Wir nehmen gerne 2 TL / 250ml kaltes Leitungswasser,
werfen einen Eiswürfel hinein und lassen alles
4-5 Stunden im Kühlschrank ziehen.
Vor allem im Sommer sind Cold Brews herrlich erfrischend!

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